Grundregeln für den Arztbrief: Aufbau und Stil

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Was ist der beste Aufbau für einen Arztbrief und welche Form soll der Brief haben? Die besten Tipps für Gliederung und Schreibstil.

Der optimale Arztbrief: er ist kurz, informativ und gut lesbar. Junge Ärzte haben aber oft Schwierigkeiten beim Arztbrief schreiben – teilweise fehlt einfach die Zeit, um sich mit jedem Brief Mühe zu geben. Dann wimmelt es nur so von Floskeln im Arztbrief. Oft mangelt es aber auch an Kenntnissen über die Grundregeln, die zu beachten sind: was muss unbedingt im Brief enthalten sein und was kann ich weglassen? Was ist die beste Gliederung für einen Brief? In welchem Stil soll man schreiben? Wer bei diesen Fragen unsicher ist, arbeitet weniger effizient. Heraus kommen dann Arztbriefe, die dem Empfänger oft kaum noch nützen.

Die Grundregeln für den Arztbrief

Zu jeder stationären Behandlung muss ein Arztbrief geschrieben werden. Auch bei ambulanten Behandlungen, Klinik-internen Verlegungen und tagesklinischer Behandlung sind Arztbriefe üblich. Hier müssen Klinik-interne Regeln beachtet werden: an manchen Häusern wird zum Beispiel bei tagesklinischen Behandlungen nur eine Aktennotiz gemacht und kein eigener Brief geschrieben.

Arztbriefe sollten diktiert werden. Bewährt hat sich diese Methode: computergestütztes Anlegen des Briefes einschließlich Briefkopf und Formalien. Dann möglichst zusammenhängendes Diktat des restlichen Inhalts. Diese Methode spart am meisten Zeit und liefert plausible, gut lesbare Briefe.

Arztbriefe früh anlegen. Briefe von stationären Patienten sollen spätestens am Werktag nach Aufnahme elektronisch angelegt sein. In diesem provisorischen Arztbrief sollten enthalten sein: die wichtigsten Diagnosen, Umstände der Aufnahme, evtl. Teile der Beurteilung. Das hilft zur schnellen Orientierung im Nachtdienst und beim Arztwechsel.

Bei Entlassung soll jedem Patienten ein vorläufiger Arztbrief mitgegeben werden. Dieser kann sehr kurz sein, muss aber mindestens enthalten: Diagnosen, kurze Beurteilung, formloses Prozedere (Termine etc.) und Medikation.

Der Empfänger muss korrekt angegeben sein: der Hausarzt, zuweisende Facharzt oder der übernehmende Klinikarzt. Der Patient als alleiniger Empfänger ist nicht ausreichend. Umgekehrt ist es aber ausreichend, nur die behandelnden Ärzte anzuschreiben – der Patient selbst muss kein Kopieempfänger sein.

Endgültige Arztbriefe sollen zügig fertiggestellt und verschickt werden. Der endgültige Arztbrief mit allen relevanten Informationen sollte spätestens zwei Wochen nach Entlassung verschickt sein.

Vorgaben und Besonderheiten Ihrer Klinik sind zu beachten.

Arztbriefe – Aufbau und Pflichtinhalte

Für Aufbau und Form eines Arztbriefes gibt es keine allgemeingültigen Vorgaben. Was soll in einem Arztbrief enthalten sein? Wie soll der Schreibstil sein und welche Gliederung ist die beste? Die Meinungen darüber gehen auseinander. Jeder Oberarzt hat seine Sonderwünsche, viele Chefärzte wollen für ihre Abteilung Spezialitäten und manchmal Marotten im Brief sehen. Aber auf einige Eigenschaften eines guten Arztbriefes können sich Ärzte über Ländergrenzen hinweg einigen:

Arztbriefe sollen einige Pflichtinhalte haben und eine Gliederung

Sie müssen keinen ausführlichen Arztbrief schreiben – es gibt dazu in Deutschland keine Leitlinien oder gar rechtliche Vorgaben. Der Brief soll im Gegenteil lieber kurz sein, weil das die Lesbarkeit erhöht. Eine Abschnitte müssen aber im Arztbrief enthalten sein. Dadurch sichern Sie die Weiterbehandlung Ihres Patienten erfüllen die wichtigsten Erwartungen Ihrer Kollegen. Dies ist die übliche Gliederung:

(*diese Abschnitte werden meist automatisch erstellt.)

Arztbriefe sollen so kurz wie möglich sein

Erfahrungsgemäß lesen Haus- oder Krankenhausärzte allenfalls die erste Seite des Briefes, manchmal noch die Beurteilung auf der letzten Seite und die Medikationsliste. Keinesfalls darf man annehmen, dass der eigene Arztbrief komplett gelesen wird.

Mehr als drei Seiten plus Anhang (Labor, Medikationsplan) sind vermutlich zu viel – die Wahrscheinlichkeit ist gering, dass die darüber hinaus eingefügten Informationen noch ankommen. Entscheidend ist weiterhin: Wichtiges muss möglichst auf der ersten Seite stehen. Daher spricht viel dafür, beispielsweise das kurz gefasste Prozedere (in Stichpunkten) direkt unter die Diagnosen zu setzen.

Arztbriefe – Stil

Arztbriefe sollen verständlich und gut lesbar sein

Beim Stil im Arztbrief sind Sie frei und nicht an Regeln gebunden. Oberstes Ziel ist aber, dem Leser des Arztbriefes zu nützen und von ihm verstanden zu werden. Der Arztbrief soll so geschrieben werden, dass der andere Ärzte alle Informationen schnell und mühelos aufnehmen können. Dabei helfen:

  • Kurze, genaue Sätze: aus einem langen Satz werden zwei oder drei kurze. Wenig Nebensätze.
  • Einfacher, sachlicher Ausdruck
  • Unvollständige Sätze (Ellipsen) sind üblich und legitim, um Kürze zu erreichen: „Sofort nach Aufnahme Beginn mit Amoxicillin.“. Für optimale Lesbarkeit sollten ihnen aber vollständige Sätze vorangehen.
  • Übliche Zeitform ist Präsenz oder Präteritum. Wird über zeitlich vorangehende Ereignisse berichtet, muss die passende Vergangenheitsform gewählt werden.
  • Schachtelsätze und Behördendeutsch vermeiden
  • Passiv vermeiden, „konnte erfolgen”, „zeigte sich”, „stellte sich dar” sind unerwünscht.
  • Abkürzungen vermeiden, Begriffe stattdessen ausschreiben.

Arztbriefe müssen korrekt und genau sein

Korrekt heißt: Verwechslungen, falsche Seitenangaben, unterschlagene Diagnosen oder Untersuchungen dürfen nicht vorkommen. Darüber hinaus sind alle Angaben so genau wie möglich zu machen: allgemeine Aussagen sind zu streichen oder durch konkrete, präzise Angaben zu ersetzen. Das kostet in der Regel kaum Platz aber etwas Mühe:

UngenauGenauer
„Es wurde eine antibiotische Therapie begonnen.”„kalkulierte antibiotische Therapie mit Ceftriaxon i.v. (11.04.–17.04.2021)”
„Er trinke regelmäßig Alkohol”„Die letzten zwei Jahre ca. fünf bis zehn Bier alle ca. zwei Monate; gestern jedoch zusätzlich eine halbe Flasche Wodka.”
„Wir bitten um hausärztliche Kontrolle der Laborwerte.”„Bitte Kreatinin-Kontrolle am 01.04.2021, Torasemid halbieren, falls Kreatininanstieg.”

Arztbriefe sollen nicht zur Selbstdarstellung benutzt werden

  • Viele Ärzte nehmen es mit dem Arztbrief als „Visitenkarte der Klinik“ etwas zu ernst und versuchen – manchmal unbewusst – die eigene Abteilung oder die eigene Person hervorzuheben. Das sollten Sie unter allen Umständen vermeiden. Stattdessen:
  • Benutzen Sie in der Klinik die Wir-Form (erste Person Plural), auch für ambulante Patienten, die nur Sie selbst gesehen haben.
  • Reden Sie andere Ärzte im Arztbrief nicht mit Vornamen an („Lieber Thomas, ich berichte über unseren gemeinsamen Patienten…“)
  • Seltene Differentialdiagnosen oder Syndrome sollen nicht ohne Erklärung im Arztbrief stehen – und nicht ohne Notwendigkeit
  • Vermeiden Sie jede Überheblichkeit im Ton, z. B. Kritik an der Einweisungsdiagnose. („Naheliegenderweise war stattdessen eine Cholezystitis Ursache der Beschwerden, was bei uns mit adäquater Ultraschallexpertise rasch geklärt wurde.“)

Zusammengefasst:
ein Arztbrief soll kurz, korrekt und verständlich sein; der Stil schnörkellos. Alle wichtigen Informationen müssen enthalten sein, aber nicht mehr. Wenn der Arztbrief dann noch zügig an den richtigen Empfänger geht, kann fast nichts mehr schiefgehen.

  1. Unnewehr, M. et al., Deutsches Ärzteblatt 2013
  2. Heckl, R. W.: Der Arztbrief. 1983. Thieme-Verlag, Stuttgart.
  3. Spießl, H. und Cording, C., DMW 2001.
  4. Yemm, R. et al., International Journal of Medical Education 2014.
  5. The SIGN discharge document. (SIGN Guideline No 128) 2012
  6. AOMRC Standards for the clinical structure and content of patient records. 2013
  7. Möller, Karl-Heinz, and Kyrill Makoski. 2015. KrV Kranken- und Pflegeversicherung, Mai 01, 2015, 186-194.
  8. Erdogan-Griese, Rheinisches Ärzteblatt Dez. 2010
  9. Bildnachweis: Hero Images Inc. – stock.adobe.com

Die meisten Regeln und Hinweise in diesem Text stammen zwar aus Kliniken für Innere Medizin (in Deutschland) – fast alle Regeln sind aber auf andere Fachgebiete übertragbar. Fakt ist aber auch: jede Klinik, jeder Chefarzt hat eigene Vorstellungen, und in vielen Fachgebieten sind besondere Anforderungen an den Inhalt eines Briefes zu beachten. Diese Regeln können nur von der jeweiligen Abteilung vorgegeben werden und haben Vorrang.

Achim Jatkowski

Jahrgang 1984. Ist Arzt und arbeitet am Klinikum Stuttgart.

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