So schreibt man einen optimalen Arztbrief

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Arztbriefe schreiben kann man lernen. (Foto: WavebreakMediaMicro - stock.adobe.com)

Schwierigkeiten beim Arztbrief schreiben? Was gehört in Diagnosen, Epikrise und Co.? Mit diesen Tipps und einigen einfachen Regeln kommt jeder zum optimalen Arztbrief – und spart dabei Zeit.

Der optimale Arztbrief: er ist kurz, informativ und gut lesbar. Junge Ärzte haben aber oft Schwierigkeiten beim Arztbrief schreiben – teilweise fehlt einfach die Zeit, um sich mit jedem Brief Mühe zu geben.

Oft mangelt es aber auch an Kenntnissen über die Grundregeln: was muss unbedingt im Brief enthalten sein und was kann ich weglassen? Was ist die beste Gliederung für einen Brief? In welchem Stil soll man schreiben? Wer bei diesen Fragen unsicher ist, arbeitet weniger effizient.

Heraus kommen dann Arztbriefe, die dem Empfänger oft kaum noch nützen.

Arztbrief schreiben: Die Grundregeln

Zu jeder stationären Behandlung muss ein Arztbrief geschrieben werden

Auch bei ambulanten Behandlungen, Verlegungen innerhalb des eigenen Krankenhauses und bei tagesklinischer Behandlung sind Arztbriefe üblich. Hier müssen Klinik-interne Regeln beachtet werden: an manchen Häusern wird zum Beispiel bei tagesklinischen Behandlungen nur eine Aktennotiz gemacht und kein eigener Brief geschrieben.

Am besten diktieren

Bewährt hat sich diese Methode: computergestütztes Anlegen des Briefes einschließlich Briefkopf und Formalien. Dann möglichst zusammenhängendes Diktat des restlichen Inhalts. Diese Methode spart am meisten Zeit und liefert plausible, gut lesbare Briefe.

Arztbriefe früh anlegen

Briefe von stationären Patienten sollen spätestens am Werktag nach Aufnahme elektronisch angelegt sein. In diesem provisorischen Arztbrief sollten enthalten sein: die wichtigsten Diagnosen, Umstände der Aufnahme, der Hausarzt, evtl. Teile der Beurteilung. Das hilft zur schnellen Orientierung im Nachtdienst und beim Arztwechsel.

Vorläufigen Arztbrief bei Entlassung mitgeben

Der vorläufige Arztbrief kann sehr kurz sein, muss aber mindestens enthalten: Diagnosen, kurze Beurteilung, formloses Prozedere (Termine etc.) und Medikation. Auch bei einer Verlegung muss ein vorläufiger Brief mitgegeben werden. Er dient dann als Übergabe und muss besonders informativ sein. Eine Rückrufnummer ist Pflicht.

Der Empfänger muss korrekt sein

Der Hausarzt, zuweisende Facharzt oder der übernehmende Klinikarzt sind die Empfpänger des Arztbriefes. Der Patient als alleiniger Empfänger ist nicht ausreichend. Umgekehrt ist es aber in Ordnung, nur die behandelnden Ärzte anzuschreiben – der Patient selbst muss kein Kopieempfänger sein. Die Namen und Adressen der angeschriebenen Kollegen müssen natürlich korrekt sein. Ein Brief ohne Empfänger ist nur sehr selten akzeptabel.

Endgültige Arztbriefe zügig fertigstellen

Der endgültige Arztbrief mit allen relevanten Informationen sollte spätestens zwei Wochen nach Entlassung verschickt sein. Ein späterer Versand hat wenig Sinn, weil sich in dieser Zeit viele Probleme und Empfehlungen erledigt haben werden.

Vorgaben und Besonderheiten Ihrer Klinik sind zu beachten.

Aufbau und Pflichtinhalte

Für Aufbau und Inhalt eines Arztbriefes gibt es keine allgemeingültigen Vorgaben. Was soll in einem Arztbrief enthalten sein? Welche Gliederung ist die beste? Die Meinungen darüber gehen auseinander. Jeder Oberarzt hat seine Sonderwünsche, viele Chefärzte wollen für ihre Abteilung Spezialitäten und manchmal Marotten im Brief sehen.

Unser Artikel über Aufbau und verschiedene Gliederungen von Arztbriefen gibt einen guten Überblick. Wer noch mehr wissen will, liest diesen praktischen Artikel im Ärzteblatt.

Pflichtinhalte im Arztbrief

Auf einige Pflichtinhalte des Arztbriefes können sich Ärzte über Ländergrenzen hinweg einigen. Dadurch sichern Sie die Weiterbehandlung Ihres Patienten erfüllen die wichtigsten Erwartungen Ihrer Kollegen.

Das sind die international üblichen Mindest-Inhalte im Arztbrief:

  • Aufnahmegrund
  • Diagnosen
  • Wichtige Befunde und Maßnahmen
  • Therapievorschlag
  • Angaben zum Haus- oder Facharzt
  • Namen und Rückrufnummer der entlassenden Ärzte

Ohne diese Minimal-Ausstattung hat ein Arztbrief wenig Sinn, auch wenn es nur ein Kurzbrief oder ein vorläufiger Brief ist.

Gliederung im Arztbrief

Leitlinien oder verbindliche Vorgaben für eine Gliederung im Arztbrief werden Sie vergeblich suchen. Es gibt auch keine Pflicht, den Brief zu gliedern. Der Arztbrief ist aber ein hochstandardisierter Fachtext mit dem Ziel der Informationsweitergabe. Daher ist eine klare Gliederung mit Zwischenüberschriften sehr zu empfehlen. Die Lesbarkeit und Verständlichkeit wird dadurch deutlich erhöht.

Es gibt aber auch Briefe, die einfach als kurzer Fließtext geschrieben sind. Für die allermeisten Briefe stationärer Patienten sind Zwichenüberschriften aber die beste Lösung. Es gibt verschiedene Gliederungen für Arztbriefe. Manche sind häufiger und sinnvoller als andere.

Die von uns empfohlene Gliederung:

  • Briefkopf (Empfänger, Absender, Briefdatum, Patientendaten)*
  • Anrede und Einleitungssatz (enthält oft Aufnahme- und Entlassdatum)*
  • Diagnosen
  • (Therapie, Procedere, falls nötig)
  • Anamnese
  • Körperliche Untersuchung
  • Befunde
  • (Laborwerte, falls nicht im Anhang)
  • Beurteilung/Verlauf/Epikrise
  • Entlassmedikation
  • Grußformel und Fußzeile*

*diese Abschnitte werden meist automatisch erstellt.

Arztbriefe sollen so kurz wie möglich sein

Sie müssen keinen langen oder ausführlichen Arztbrief schreiben – es gibt dazu in Deutschland keine Leitlinien oder gar rechtliche Vorgaben. Der Brief soll im Gegenteil lieber kurz sein, weil das die Lesbarkeit erhöht.

Erfahrungsgemäß lesen Haus- oder Krankenhausärzte allenfalls die erste Seite des Briefes, manchmal noch die Beurteilung auf der letzten Seite und die Medikationsliste. Keinesfalls darf man annehmen, dass der eigene Arztbrief komplett gelesen wird.

Mehr als drei Seiten plus Anhang (Labor, Medikationsplan) sind vermutlich zu viel – die Wahrscheinlichkeit ist gering, dass die darüber hinaus eingefügten Informationen noch ankommen. Entscheidend ist weiterhin: Wichtiges muss möglichst auf der ersten Seite stehen. Daher spricht viel dafür, beispielsweise das kurz gefasste Prozedere (in Stichpunkten) direkt unter die Diagnosen zu setzen.

Regeln für den Schreibstil im Arztbrief

Beim Stil im Arztbrief sind Sie frei und nicht an Regeln gebunden. Oberstes Ziel ist aber, dem Leser des Arztbriefes zu nützen und von ihm verstanden zu werden. Ihre ärztlichen Leser sollen alle Informationen schnell und mühelos aufnehmen können.

So erreichen Sie guten Stil im Arztbrief:

  • Kurze, genaue Sätze: aus einem langen Satz werden zwei oder drei kurze. Wenig Nebensätze.
  • Einfacher, sachlicher Ausdruck
  • Unvollständige Sätze (Ellipsen) sind gut, um Kürze zu erreichen: „Sofort nach Aufnahme Beginn mit Amoxicillin“. Für optimale Lesbarkeit sollte vor einer Ellipse zumindest einmal ein vollständiger Satz stehen.
  • Übliche Zeitform im Arztbrief ist Präsenz oder Präteritum. Schreiben Sie über zeitlich vorangehende Ereignisse, müssen Sie die passende Vergangenheitsform wählen.
  • Schachtelsätze und Behördendeutsch vermeiden
  • Vorsicht mit Jargon, Anglizismen und ungebräuchlichen Fremdwörtern
  • Passiv vermeiden: „konnte erfolgen”, „zeigte sich”, „stellte sich dar” sind unerwünscht.
  • Abkürzungen vermeiden, Begriffe stattdessen ausschreiben.

„Die Frage, warum inbestimmten Krankheitssituationen ‚antibiotisch abgedeckt‘ wird, kann wahrscheinlich keiner der Abdecker in sprachlicher Hinsicht beantworten.“

Peter Semler (Dtsch Arztebl 1999)

Arztbriefe müssen korrekt und genau sein

Korrekt heißt: Verwechslungen, falsche Seitenangaben, unterschlagene Diagnosen oder Untersuchungen dürfen nicht vorkommen. Darüber hinaus sind alle Angaben so genau wie möglich zu machen: allgemeine Aussagen sind zu streichen oder durch konkrete, präzise Angaben zu ersetzen. Das kostet in der Regel kaum Platz aber etwas Mühe:

UngenauGenauer
„Es wurde eine antibiotische Therapie begonnen.”„…kalkulierte antibiotische Therapie mit Ceftriaxon i.v. (11.04.–17.04.2021)”
„Er trinke regelmäßig Alkohol.”„Die letzten zwei Jahre ca. fünf bis zehn Bier alle ca. zwei Monate; gestern jedoch zusätzlich eine halbe Flasche Wodka.”
„Wir bitten um hausärztliche Kontrolle der Laborwerte.”„Bitte Kreatinin-Kontrolle am 01.04.2021, Torasemid halbieren, falls Kreatininanstieg.”

Arztbriefe sollen nicht zur Selbstdarstellung benutzt werden

Viele Ärzte nehmen es mit dem Arztbrief als „Visitenkarte der Klinik“ etwas zu ernst. Sie versuchen – manchmal unbewusst – die eigene Abteilung oder die eigene Person hervorzuheben. Das sollten Sie unter allen Umständen vermeiden.

So vermeiden Sie einen unangemessenen Tonfall im Arztbrief:

  • Benutzen Sie in der Klinik die Wir-Form (erste Person Plural), auch für ambulante Patienten, die nur Sie selbst gesehen haben.
  • Reden Sie andere Ärzte im Arztbrief nicht mit Vornamen an („Lieber Thomas, ich berichte über unseren gemeinsamen Patienten…“)
  • Seltene Differentialdiagnosen oder Syndrome sollen nicht ohne Erklärung im Arztbrief stehen – und nicht ohne Notwendigkeit
  • Vermeiden Sie jede Überheblichkeit im Ton, z. B. Kritik an der Einweisungsdiagnose. („Naheliegenderweise war stattdessen eine Cholezystitis Ursache der Beschwerden, was bei uns mit adäquater Ultraschallexpertise rasch geklärt wurde.“)

Diagnosen

Die Diagnosen stehen in den allermeisten Arztbriefen auf Seite eins ganz oben. Sie gehören zu den Pflichtinhalten im Brief, ohne die auch Kurz- oder vorläufige Briefe nie herausgegeben werden sollen. Eine gute, informative Diagnosenliste ist aber zur Seltenheit geworden. Wohl dem Assistenzarzt, der sich hierfür Zeit nehmen kann.

Drei Regeln für gute Diagnosen im Arztbrief:

  • Diagnosen kürzen: alte oder irrelevante Einträge löschen, Dopplungen entfernen, zusammengehörige Diagnosen zusammenfassen.
  • Diagnosen gliedern: die wichtigen stehen oben, ältere unter „übernommene Diagnosen“ auslagern. Unterpunkte benutzen.
  • Diagnosen präzise formulieren: statt „Diabetes” also mindestens: Diabetes mellitus Typ 2. Klassifikationen und Scores  helfen bei der genauen Darstellung (z. B. GOLD, Child-Pugh, NYHA, Tumorformeln usw).
ungenau: Diabetes
genauer: Diabetes mellitus Typ 2
noch genauer: Diabetes mellitus Typ 2 (ED 2012, insulinpflichtig seit 2019, HbA1C aktuell 7,2%)

Eine Nummerierung und Einrückung schafft Übersicht. Mehr als zwei Gliederungsebenen wirken aber unübersichtlich. Die Reihenfolge der Diagnosen macht eine Aussage zu Wichtigkeit (absteigend) und Zusammenhang der Diagnosen. Eine Zwischenüberschrift „Übernommene / weitere Diagnosen“ ist üblich. Hier stehen Diagnosen, die von anderen Ärzten gestellt wurden und noch relevant sind oder es noch werden können. Das können zum Beispiel ältere fachfremde Diagnosen oder Voroperationen sein.

Diagnosen
1. Obere gastrointestinale Blutung Forrest Ib (Sickerblutung)
2. Großes, florides Ulcus duodeni
3. Chronische B-Gastritis (H. pylori positiv)
4. Transfusionspflichtige Blutungsanämie (Hb minimal 5,6 g/dl)
5. Steatosis hepatis Grad II
6. Drei kleine Kolonadenome (LGIEN, vollständig abgetragen)
7. Prostatavergrößerung

Anamnese & Körperliche Untersuchung

Anamnese

Was bringt den Patienten zum Arzt? Hier ist eine kurze, objektive Darstellung in den Worten des Patienten gefragt, keinerlei Wertung. Das heißt: indirekte Rede verwenden (oder direkte Rede mit Anführungszeichen), keine Fachausdrücke, keine Befunde oder Diagnosen vorwegnehmen.

Allergien und Dauermedikation können hier stehen. Auch für vegetative, Sozial-, Berufs- und Familienanamnese ist in der Anamnese Platz. Eine Untergliederung mit Zwischenüberschriften ist nur erforderlich, wenn die einzelnen Abschnitte sehr lang sind.

Nicht vergessen: Einweisungsmodus (elektiv, Notfall, mit Überweisung usw.) und evtl. bisherige Versorgungssituation.

Körperliche Untersuchung

Auch die Körperliche Untersuchung gehört zum objektiven Teil des Arztbriefes. Suggestive Befunde oder gar vorweggenommene Diagnosen sollen vermieden werden. Daher schlecht: „Janeway-Lesions“ oder „Stenosegeräusch in Aortenposition“.

Es ist keine bestimmte Reihenfolge beim Befund vorgeschrieben. Ein üblicher Beginn ist „53-jähriger Patient in gutem Allgemein- und Ernährungszustand, wach, voll orientiert.” Dann folgen Befunde von Abdomen, Herz, Lunge, Haut, Nervensystem. Es kann aber Vorteile haben, den wichtigsten pathologischen Befund nach vorn zu stellen. Dann springt er gleich ins Auge.

Der „Allgemeinzustand” sollte möglichst objektiviert werden, zum Beispiel mit Angabe des ECOG-Performance-Status. (Eastern Cooperative Oncology Group, absteigend von 0 bis 5). Wichtiger als der „Ernährungszustand“ sind Größe, Gewicht und BMI. Vitalparameter in Kurzform sind hier Pflicht. Zumindest gilt das bei stationären Patienten in der Inneren Medizin.

Textbausteine sind beim Untersuchungsbefund möglich – aber bitte mit Vorsicht einsetzen.

Befunde

Gemeint sind hier die apparativen Zusatzbefunde. Eine kurze, stichpunktartige Liste ist die beste Darstellung. Die körperliche Untersuchung soll nicht hier stehen sondern als eigener Abschnitt davor. Oft vergessen: mikrobiologische Befunde sowie die Laboruntersuchungen, falls sie nicht im Anhang stehen. Es soll nur die Beurteilung oder Zusammenfassung der Befunde angegeben werden, praktisch niemals der gesamte Befundtext.

Es müssen nicht lückenlos alle Befunde aufgelistet werden. Aber immer aufführen müssen Sie aufwändige, teure oder potentiell schädliche Untersuchungen. Dazu gehören Herzkatheteruntersuchung, ERCP, CT, MRT, Lumbalpunktion, operative Eingriffe. Ebenfalls immer einfügen: histologische Befunde, Antibiogramme, Tumorkonferenz-Empfehlungen.

Beurteilung (Epikrise)

Heißt auch „Therapie und Verlauf” oder „Zusammenfassung”. Hier sollen Sie den Fall kurz erklären und einordnen. Berichten Sie auch, wie der Verlauf war und welche Therapie gemacht wurde. Aber keinesfalls ist nochmaliges Aufzählen aller Befunde erwünscht. Mit bösem Humor schrieb bereits das Ärzteblatt über die Form der Epikrise.

Eine komplette Anleitung zum Epikrise-Schreiben mit Beispielen bietet unser E-Book.

Guter Stil ist es, auf die Einweisungsdiagnose oder das Leitsymptom am Anfang kurz einzugehen. Ein gutes Hilfsmittel ist dieser Beginn:

Epikrise Ursache von [Leitsymptom] ist/war... . Dafür sprechen / das wurde nachgewiesen in [Hauptbefund] und [Hauptbefund 2].

Auch Widersprüche, Überraschungen oder Unklarheiten soll der Behandler in der Epikrise ehrlich benennen. Zum Beispiel:

Epikrise Einweisung durch Sie mit akutem Abdomen. Auch in der Notaufnahme noch starke, opiatpflichtige abdominelle Schmerzen. Überraschenderweise dann jedoch Nachweis eines Myokardinfarktes in EKG und Labor...

Wenn das Prozedere nicht unter den Diagnosen steht, gehört es hierher in die Epikrise. Sehr erwünscht sind auch Aussagen zum körperlichen Zustand bei Entlassung und der Versorgungssituation zu Hause. Oft vergessene Information: inwieweit sind die Befunde und Diagnosen mit dem Patienten besprochen worden?

Viele weitere Tipps und einige typische Anfängerfehler beim Schreiben der Epikrise finden Sie hier.

Entlassmedikation

Für die Patientensicherheit ist dies der wichtigste Abschnitt. Daher: keinen Arztbrief schreiben ohne Medikation. Insbesondere neue oder veränderte Medikamente müssen enthalten sein. Dabei empfiehlt sich dann ein Kommentar: neue oder geänderte Substanz? Zeitlich befristete Verordnung? Bedarfsmedikation? Immer müssen Wirkstoff, Dosis und Einnahmeintervall angegeben werden.

Hausärzte vermissen diese Kommentare häufig. Oft werden die Medikamenten-Empfehlungen des Entlassbriefes daher vom Hausarzt gleich wieder verändert (Adam, H., DMW 2015). Ärzte im Krankenhaus sind verpflichtet, Präparate anzugeben, die auch in der vertragsärztlichen Versorgung wirtschaftlich weitergeführt werden können (§115c SGB V).

Nicht vergessen: Sauerstoff (Applikationsart und -dauer, Flussrate), Beatmungsparameter (im Fall von CPAP oder NIV oder invasiver Beatmung). Weiterhin sind natürlich auch nicht-oral verabreichte Präparate anzugeben: Insuline, Salben, Tropfen, Sprays, Ernährungstherapie. Angaben zur Wundversorgung und zu Verbandsmaterial können hier stehen oder im Prozedere.

„Für nahezu alle befragten Hausärzte war von großer Wichtigkeit, dass […] Änderungen im Medikationsplan […] begründet werden.“

Adam, H. et al., DMW – Deutsche Medizinische Wochenschrift, (2015), 140(08)

Patienten haben Anspruch auf einen Bundesmedikationsplan ab drei dauerhaft eingenommenen Präparaten (§31a SGB V). Dieser sollte über die Kliniksoftware routinemäßig erstellt werden.

Weitere Abschnitte

Prozedere

Das Prozedere kann ohne Weiteres nach der Beurteilung stehen. Schreibt man es aber direkt unter die Diagnosen, passt es oft noch auf die erste Seite und fällt gleich ins Auge. Stichpunkte sind empfohlen, um in diesem wichtigen Abschnitt die Lesbarkeit zu erhöhen.

Procedere (gut)
- Wiedervorstellung stationär zum Stentwechsel am 17.05.2019
- Einweisungsschein vom Hausarzt mitbringen
Procedere (zu lang, umständlich)
- Wir bitten Sie, Ihr freundliches Einverständnis vorausgesetzt, um Wiederzuweisung des Patienten am Montag, 17.05.2019 zum Stentwechsel im stationären Setting in domo.

Therapie

Den Abschnitt „Therapie” gibt es fast nur in chirurgischen Briefen. Dort ist er aber Pflicht und steht üblicherweise direkt unter den Diagnosen. „Therapie” enthält in korrekter Terminologie alle chirurgischen Eingriffe des Aufenthaltes mit Datum. Oft folgt im nächsten Abschnitt direkt der histologische Befund. Diese Darstellung ist zu begrüßen, weil kompromisslos das Wesentliche nach vorne gerückt wird. Es spricht nichts dagegen, dies auch für z. B. internistische oder neurologische Briefe zu übernehmen. Beispiele wären: endoskopische Resektion eines Tumors, Steinextraktion via ERCP oder Stent-gestützte Thrombektomie bei einer Mediaischämie.

Adresse/Empfänger

Wird oft unterschätzt. Der Empfänger und die Kopieempfänger müssen korrekt sein, sonst kommt der Brief nicht beim weiterbehandelnden Arzt an. Neben dem Hausarzt sind auch zuweisende Fachärzte des Patienten einzutragen. Es ist unüblich und auch rechtlich nicht erforderlich, dem Patienten selbst einen endgültigen Arztbrief zu schicken. Das sollte daher eine Ausnahme sein. Praktisch nie darf der Brief an Angehörige oder Bekannte des Patienten gehen.

Betreff, Einleitung und Briefdatum sowie Grußformel und Unterschriften

Das übernimmt die Klinik- oder Praxissoftware. Sie sollten die Angaben aber unbedingt überprüfen. Besonders ärgerlich sind Fehler beim Adressaten (siehe oben) und beim Aufnahme- und Entlassdatum.

Anrede und Einleitungssatz

Werden ebenfalls meist automatisch erzeugt. Es ist ratsam, die Anrede zumindest kurz zu überfliegen. Stimmt der Name? Stimmt die Anrede Herr/Frau?

Zusammengefasst
Ein Arztbrief soll kurz, korrekt und verständlich sein; der Stil schnörkellos. Alle wichtigen Informationen müssen enthalten sein, aber nicht mehr. Pflichtinhalte sind mindestens: Grund der Behandlung, wichtige Befunde und Interventionen, Beurteilung, Medikation und Zustand bei Entlassung. Wichtig: Trennung zwischen objektiven (Anamnese, Befunde) und wertenden Abschnitten (Diagnosen, Epikrise).
Wenn der Arztbrief dann noch zügig an den richtigen Empfänger geht, kann fast nichts mehr schiefgehen.

Zum Weiterlesen:

Arztbrief: mehr als eine ungeliebte Pflicht, Erdogan-Griese, Rheinisches Ärzteblatt Dez. 2010
Arztbrief: Die Kommunikation optimieren, Unnewehr, Deutsches Ärzteblatt 2013

Achim Jatkowski

Jahrgang 1984. Ist Arzt und arbeitet am Klinikum Stuttgart.

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